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nach London ernannt zu werden, noch nicht ganz aufgegeben zu haben; von 1852 Frau von Vrints 1) höre ich indessen, daß die Ernennung des Grafen Collo- Mai 12. redo sicher sei.

Die Veröffentlichung der Darmstädter Convention 2) hat sehr verdrossen, wie mir scheint namentlich deshalb, weil die Sache dadurch eine ernsthaftere Bedeutung erhalten hat, als die Betheiligten muthmaßlich selbst ihr ursprünglich haben geben wollen. Der Rückzug ist ihnen dadurch in etwas erschwert, diese Verlegenheit indessen eine gerechte Strafe ihres Verhaltens. Daß dieser Rückzug nichtsdestoweniger angetreten werden wird, davon bin ich fest überzeugt, sobald unsererseits nur jedes Zeichen vermieden wird, welches Neigung zur Nachgiebigkeit oder Mangel an Entschlossenheit verrathen könnte. Diese Auffassung wird bestätigt durch einen Artikel des ultramontanen Mainzer Journals, dessen Auszug ich Ew. Excellenz in der anliegenden Nummer des Frankfurter Journals überreiche.

Das Verhalten des Grafen Thun, als ich mit ihm diesen Gegenstand besprach, bestärkt mich in dieser Vermuthung, daß die Unzufriedenheit über die Darmstädter Convention, welche das Wiener Cabinet zur Schau trägt, eine angenommene ist. Die Anwesenheit des Grafen Thun und des Grafen Hartig bei jenen Conferenzen bot diesen Herren Gelegenheit, die etwaige Mißbilligung Österreichs zur Kenntniß der Betheiligten rechtzeitig zu bringen, und ich glaube weder, daß die Verhandlungen vor dem Grafen Thun geheim gehalten worden sind, noch daß die süddeutschen Staaten gegen den ausgesprochenen Willen Österreichs die Convention geschlossen haben würden.

Zu einer Rheinbundspolitik in offenem Widerspruch mit Österreich und Preußen kann ich mir nicht denken, daß die süddeutschen Staaten schon jezt den Muth haben, solange die Coalition der drei östlichen Großmächte als gesichert anzunehmen ist. Ich bin überzeugt, daß Herr von Dalwigk zu dieser Politik erst dann greifen würde, wenn die Überlegenheit Frankreichs auf dem Continent feststehend, oder doch sehr wahrscheinlich wäre. Bis dahin werden er und Andere höchstens ihre Haltung so bemessen, daß sie sich das Übergehen in das französische Lager für den geeigneten Moment offen halten, aber nicht voreilig durch eine der Rheinbundspolitik entsprechende Haltung einen Verdacht der östlichen Mächte auf sich ziehen, der ihnen unter jeder anderen Eventualität als der eines für Frankreich siegreichen Krieges verderblich werden müßte. Dazu kommt, daß es nach der Stimmung der übrigen Coalitionsge

1) Die Schwester des Grafen Buol, vermählt mit Herrn von Brints, dem Eigenthümer des Journal de Francfort.

2) Wiewohl die Darmstädter Verhandlungen (cf. oben S. 89, Note 1) mit großem Geheimniß gepflogen wurden, erschienen dieselben doch bereits am 24. April anscheinend in Folge einer Indiscretion in der Berliner Vossischen Zeitung. Das Nähere bei Weber a. a. D. S. 304 ff.

1852 nossen gegen Bayern kaum glaublich erscheint, daß sie sich in einen Verband Mai 12. begeben werden, dessen Suprematie diesem Königreich ohne Zweifel zufallen würde. Vielmehr fürchten nicht wenig Leute in Württemberg, Baden und selbst in Darmstadt die Vergrößerungspläne Bayerns noch mehr als die Preußens. Ich glaube, daß wir die Hoffnungen, die man an den Abschluß der Darmstädter Convention geknüpft hat, vollständig realisiren würden, wenn wir uns durch lettere bewegen ließen, über die Zoll- und Handelsfrage nunmehr Unterhandlungen in Wien anzuknüpfen. 1)

Mai 17.

Die Anwesenheit des Kurfürsten von Hessen in Frankfurt scheint politische Motive nicht zu haben, man sagt mir, der Minister Hassenpflug habe es wünschenswerth gefunden, daß während einiger Zeit, die er selbst in dem Heffischen Schaumburg zubringt, Seine Königliche Hoheit nicht in Kassel bleibe. Ich habe dem Kurfürsten heute meine Aufwartung gemacht, und bin sehr gnädig von ihm empfangen worden, ohne daß meine Unterhaltung mit ihm in politischer Beziehung besonders interessant gewesen wäre. Der Herzog von Augustenburg geht in diesen Tagen nach Homburg".

73. Bericht, betr. das Bundes-Commissorium des Staatsraths a. D. Fischer für die Veräußerung der Nordseeflotte. 17. Mai 1852.

Der Fortführung des Commissoriums des Staatsraths Fischer stehe nichts mehr im Wege, da derselbe von der Oldenburgischen Regierung pensionirt worden sei. „Herr von Eisendecher theilte mir ferner mit, daß er von seiner Regierung angewiesen sei, in einer in der nächsten Bundestagssizung abzugebenden Erklärung die Mißbilligung seiner Regierung darüber zu erkennen zu geben, daß einem Großherzoglich Oldenburgischen Beamten ein BundesCommissorium ertheilt worden ist, ohne daß er zuvor die Genehmigung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs beigebracht hat. Ich habe Herrn von Eisendecher ersucht, von einer solchen Erklärung Abstand zu nehmen, und will er deshalb zunächst noch nach Oldenburg berichten. Da die Erklärung voraussichtlich in einer Weise gefaßt sein würde, daß eine Präsidialerwiderung darauf abzugeben wäre, und da die Mehrheit der Bundesversammlung gegen Oldenburg wegen seines Verhaltens in der Fischerschen Sache so gereizt ist, daß auch ein die Großherzogliche Regierung verlegender Antrag gestellt werden könnte, so wünsche ich bei der Stellung Preußens zu Oldenburg, namentlich in der handelspolitischen Frage, sehr, daß es zu derartigen Erörterungen nicht weiter

1 Der Wunsch der Preußischen Regierung ging dahin, zunächst den Zollverein zu erhalten. Erst dann, wenn die Berathungen über die fernere Fortsetzung desselben unter Hinzutritt derjenigen neuen Mitglieder, welche sich bereits vertragsmäßig zum Beitritt verpflichtet hatten, ihr Ziel erreicht haben würden, sollten die Berathungen darauf gerichtet sein, wie zwischen dem neubegründeten Zollverein und den anderen, Deutschland ganz oder für einen Theil ihres Gebietes angehörigen Staaten (Österreich) umfassende Handelsverträg zu schließen sein würden. cf. Weber a. a. D. S. 310.

1852

kommt und daß ich, so lange ich das Präsidium führe 1), nicht als solches zu einer Erklärung gezwungen werde, die ich als Vertreter Preußens nur ver- Mai 17. mieden zu sehen wünschen kann. Die beabsichtigte Bundestagssigung habe ich unter diesen Umständen ausgesezt und werde mit derselben, falls nicht etwas besonders Dringliches vorkommen sollte, so lange warten, bis Herr v. Eisendecher weitere Instruktionen aus Oldenburg erhalten hat".

74. Eigenhändiger Bericht, betr. die Verhandlungen mit dem Herzog von Augustenburg. 29. Mai 1852.

In meinem am 31. März d. J. an Seine Durchlaucht den Herrn Herzog Mai 29. von Augustenburg gerichteten Schreiben habe ich demselben unter anderem erklärt: „daß nach einer vertraulichen Eröffnung der Königlich Dänischen Regierung die gesammten und noch aufkommenden Revenüenüberschüsse der Herzoglichen Güter Seiner Durchlaucht sofort nach Genehmigung des proponirten Abkommens baar ausgezahlt werden würden. Ich stüßte mich bei diesem Anerbieten vorzugsweise auf einen Passus des Erlasses Ew. Excellenz vom 18. Februar d. I., so wie auf wiederholte mündliche Äußerungen des Herrn von Bülow, auch hatte die Fassung meines Schreibens an den Herrn Herzog im Ganzen so wie die allegirte Stelle insbesondere die Billigung des Herrn von Bülow, dem ich Einsicht in dies Schriftstück vorher gewährt hatte. Von Seiten des Herrn Herzogs so wie von mir selbst ist jene Stelle niemals anders verstanden worden, als dahin, daß nach Genehmigung des proponirten Abkommens durch den Herrn Herzog die Ausschüttung der gesammelten Revenüen sofort erfolgen solle. Die Genehmigung von Seiten Seiner Durchlaucht ist unumwunden erfolgt, von der Königlich Dänischen Regierung durch das Organ des Herrn von Bülow aber seitdem die Ansicht aufgestellt worden, daß jene Zahlung erst erfolgen werde, nachdem von einem von der Königlich Dänischen Regierung herzusendenden Bevollmächtigten und dem Herrn Herzog die definitive Vollziehung des Abkommens geschehen sein werde. Der Herr Herzog sieht in diesem Verfahren eine Abweichung von den ihm gemachten Zusagen, durch welche sein ohnehin starkes Mißtrauen neue Nahrung erhalten hat, und sprach Seine Durchlaucht gegen mich die Besorgniß aus, daß sich bei den stipulirten Zahlungen der Kaufgelder für die Herzoglichen Güter ähnliche Weiterungen und Mißverständnisse herausstellen könnten, wenn er schon bei Erfüllung der ersten fälligen Bedingung seine Erwartungen getäuscht sehe, und daß somit die ganze Negotiation in allen ihren für ihn nachtheiligen Folgen wirksam würde, in Bezug auf die ihm zugesicherten Vortheile aber gar nicht oder unvollkommen ausgeführt werden würde. Ich habe schon bei meiner

1) Geschah in der Bundestagssizung vom 21. Mai 1852. Herr von Eisendecher gibt die gedachte Erklärung hierauf in der Bundestagssißung vom 12. Juni 1852 ab. (Prot. 1852 § 147.)

1852 Anwesenheit in Berlin Gelegenheit gehabt, diesen Gegenstand mit dem Grafen Mai 29. Nesselrode beiläufig und vertraulich zu besprechen. Derselbe theilte meine Ansicht: daß von der Königlich Dänischen Regierung erwartet werden müsse, daß sie nach der unbedingt erfolgten Annahme-Erklärung des Herrn Herzogs diese Angelegenheit im Geldpunkte wenigstens ohne Rückhalt und ohne Schwierigkeiten behandeln werde, und zeigte sich geneigt, den Kaiserlich Russischen Gesandten in Kopenhagen zu Äußerungen in diesem Sinne anzuweisen. Ew. Excellenz stelle ich anheim, ob Hochdieselben Schritte thun wollen, durch welche einer neuen Störung oder doch Verzögerung dieser Angelegenheit vorgebeugt werden könne. Gleichzeitig beehre ich mich von zwei Schreiben des Herrn Herzogs das eine im Original, das andere in Abschrift beizufügen, von denen das erstere, neben einer nachträglichen Rechtfertigung des höheren Werthes der Herzoglichen Güter, einige Gravamina über die Behandlung Herzoglicher Beamten enthält, während sich in dem andern die Erklärung Seiner Durchlaucht befindet, daß er sich auf weitere Verhandlungen nicht einlassen könne, so lange ihm die von der Dänischen Regierung zugesicherte Zahlung der aufgesammelten Revenüen nicht geleistet werde“.

Juni 15.

75. Immediatbericht, betr. die Ankunft des Herrn von Bismarck in Wien, so wie den Aufenthalt des Kaisers in Pest. Wien den 15. Juni 1852. Da die obwaltenden mannigfaltigen Beziehungen Preußens zu Österreich die Vertretung des zur Wiederherstellung seiner Gesundheit auf 6 Wochen beurlaubten Preußischen Gesandten in Wien, Grafen Arnim, durch einen bloßen Geschäftsträger nicht gestatten, so überträgt der König Herrn von Bismarck diese einstweilige Vertretung und fordert denselben auf, sich, sobald seine Stellung in Frankfurt dies zuläßt, zum Empfange weiterer Instruktionen nach Berlin und demnächst nach Wien zu begeben. 3. Juni.1)

"

Ew. Königlichen Majestät verfehle ich nicht anzuzeigen, daß, am 8. d. M. in Wien angekommen, ich am darauf folgenden Tage durch den Grafen Arnim dem Kaiserlich Österreichischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten vorgestellt wurde, und den Grafen Buol dabei ersuchte, die Befehle des Kaisers darüber unverzüglich einholen zu wollen, wann und wo derselbe gestatten würde, ihm einen mir von Ew. Königlichen Majestät für ihn anvertrauten Brief, der mir ertheilten Weisung gemäß, übergeben zu können. Auf die von dem Grafen Buol dieserhalb gemachte Anfrage lief am 11. d. M. die telegraphische Erwiderung ein, daß der Kaiser, als im Begriffe Ofen zu verlassen, mich nicht empfangen könne und daher seinen Minister des Äußern er

1) Herr von Bismard kündigt bereits am 4. Juni 1852 telegraphisch aus Eisenach seine Ankunft in Berlin mit dem Bemerken an, er würde gern bereits am folgenden Tage eine Audienz bei dem König haben, um nicht noch einen Tag länger in Berlin bleiben zu müssen.

mächtige, den für ihn bestimmten eigenhändigen Brief Ew. Königlichen Ma- 1852 jestät von mir zu übernehmen und ihm nachzusenden.

In Folge dessen habe ich gestern das Schreiben dem Grafen ausgehändigt, indem ich einen der bestimmten Empfangstage des Ministers zu einer Unterredung mit ihm benußte. Bei Gelegenheit derselben habe ich mich überzeugen können, daß das Kaiserliche Cabinet in Bezug auf die Zollfrage das Bedürfniß der Verständigung noch nicht in dem Grade empfindet, wie ich voraussette, vielmehr von der Ansicht ausgeht, abzuwarten, ob die im Schoße des Zollvereins entstandenen Schwierigkeiten Ew. Königlichen Majestät Regierung zur Nachgiebigkeit bestimmen werden. Ich erlaube mir in dieser Beziehung auf einen heute gleichzeitig an Ew. Königlichen Majestät MinisterPräsidenten erstatteten Bericht Bezug zu nehmen.

Obgleich nach den hiesigen Vorschriften einem Fremden nicht gestattet ist, den Gliedern der Kaiserlichen Familie früher seine Aufwartung zu machen, als bis er von dem Kaiser in besonderer Audienz empfangen worden, so habe ich doch, in Rücksicht auf die Ungewißheit, wann mir eine solche bewilligt werden wird, und auf die nahen Verwandtschaftsverhältnisse des Erzherzogs Franz Carl und der Frau Erzherzogin Sophie zu Ew. Königlichen Majestät, bei Höchstdenenselben eine Audienz nachgesucht und gestern Abend bewilligt erhalten. Die Frau Erzherzogin Sophie, die mich nach Ihrem erhabenen Gemahl empfing, sprach die gnädigsten Gesinnungen für meine Person aus, und unterhielt sich lange Zeit mit mir, vorzugsweise über die traurigen Verhältnisse der leßten vier Jahre, ohne jedoch in Beziehungen auf die Gegenwart meiner Mission einzugehen.

Wie ich höre, wird der Kaiser am 21. d. M. in Pest zurückerwartet, und dort einige Tage verweilen. Vielleicht wird mir erst zu diesem Zeitpunkte die Ehre zu Theil werden, ihm mein Creditiv überreichen zu können“.

76. Bericht, betr. eine Unterredung mit Grafen Buol. Wien den 15. Juni

1852.

Juni 15.

„Nach einigen gelegentlichen Conversationen habe ich gestern die erste Juni 15. längere Unterredung mit dem Grafen Buol gehabt. Sowohl der Inhalt derselben, als ein gewisser Mangel an Entgegenkommen in den Formen bezüglich der Aufnahme meiner Mission befestigen mich in der Ansicht, daß man hier bisher an der Politik festhält, sich mehr auf die Einwirkung der Mittelstaaten, als auf die bundesfreundliche Gesinnung Preußens zu stüßen. Graf Buol hat offenbar die Hoffnung noch nicht aufgegeben, durch eine unnachgiebige Passivität in Behauptung der bisherigen Stellung Österreichs den Zweck zu erreichen, für welchen die Darmstädter Coalition bisher thätig ist, in der Voraussicht, daß die Schwierigkeiten, welche lettere der Reconstruktion des Zollvereins in den Weg legt, uns zur Aufgabe unseres Widerspruchs gegen

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