Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, Band 21

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Guido Görres, George Phillips, Georg Maria von Jochner
Literarisch-artistischen anstalt, 1848
 

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Beliebte Passagen

Seite 402 - Wir wollen keine Sansculotten sein, keine frugale Bürger, keine wohlfeile Präsidenten: wir stiften eine Demokratie gleichherrlicher, gleichheiliger, gleichbeseligter Götter. Ihr verlangt einfache Trachten, enthaltsame Sitten und ungewürzte Genüsse; wir hingegen verlangen Nektar und Ambrosia, Purpurmäntel, kostbare Wohlgerüche, Wollust und Pracht, lachenden Nymphentanz, Musik und Komödien - Seid deshalb nicht ungehalten, Ihr tugendhaften Republikaner!
Seite 402 - Denn das Christentum, unfähig die Materie zu vernichten, hat sie überall fletriert, es hat die edelsten Genüsse herabgewürdigt, und die Sinne mußten heucheln, und es entstand Lüge und Sünde. Wir müssen unseren Weibern neue Hemden und neue Gedanken anziehen, und alle unsere Gefühle müssen wir durchräuchern wie nach einer überstandenen Pest.
Seite 393 - Die alte Philosophie hat eine doppelte Wahrheit — die Wahrheit für sich selbst, die sich nicht um den Menschen bekümmerte — die Philosophie — und die Wahrheit für den Menschen — die Religion. Die neue Philosophie dagegen, als die Philosophie des Menschen, ist auch wesentlich die Philosophie für den Menschen — sie hat unbeschadet der Würde und Selbständigkeit der Theorie, ja im innigsten Einklang mit derselben, wesentlich eine praktische und zwar im höchsten Sinne praktische Tendenz;...
Seite 391 - Nur durch Mitteilung, nur aus der Konversation des Menschen mit dem Menschen entspringen die Ideen. Nicht allein, nur selbander kommt man zu Begriffen, zur Vernunft überhaupt. Zwei Menschen gehören zur Erzeugung des Menschen - des geistigen so gut wie des physischen: die Gemeinschaft des Menschen mit dem Menschen ist das erste Prinzip und Kriterium der Wahrheit und Allgemeinheit.
Seite 391 - Die neue Philosophie macht den Menschen mit Einschluß der Natur, als der Basis des Menschen, zum alleinigen, universalen und höchsten Gegenstand der Philosophie - die Anthropologie also, mit Einschluß der Physiologie, zur Universalwissenschaft.
Seite 115 - Die Religion ist das Verhalten des Menschen zu seinem eigenen Wesen — darin liegt ihre Wahrheit und sittliche Heilkraft — aber zu seinem Wesen nicht als dem seinigen, sondern als einem anderen, von ihm unterschiedenen, ja entgegengesetzten Wesen — darin liegt ihre Unwahrheit, ihre Schranke, ihr Widerspruch mit Vernunft und Sittlichkeit...
Seite 479 - Einst wenn die Menschheit ihre völlige Gesundheit wieder erlangt, wenn der Friede zwischen Leib und Seele wieder hergestellt, und sie wieder in ursprünglicher Harmonie sich durchdringen: dann wird man den künstlichen Hader, den das Christentum zwischen beiden gestiftet, kaum begreifen können.
Seite 389 - Wahr und göttlich ist nur, was keines Beweises bedarf, was unmittelbar durch sich selbst gewiss ist, unmittelbar für sich spricht und einnimmt, unmittelbar die Affirmation, dass es ist, nach sich zieht — das schlechthin Entschiedene, schlechthin Unzweifelhafte, das Sonnenklare. Aber sonnenklar ist nur das Sinnliche; nur, wo die Sinnlichkeit anfängt, hört aller Zweifel und Streit auf.
Seite 390 - Wenn die alte Philosophie zu ihrem Ausgangspunkt den Satz hatte: Ich bin ein abstraktes, ein nur denkendes Wesen, der Leib gehört nicht zu meinem Wesen; so beginnt dagegen die neue Philosophie mit dem Satze: Ich bin ein wirkliches, ein sinnliches Wesen: der Leib gehört zu meinem Wesen; ja der Leib in seiner Totalität ist mein Ich, mein Wesen selber.
Seite 391 - Der einzelne Mensch für sich hat das Wesen des Menschen weder in sich als moralischem, noch in sich als denkendem Wesen. Das Wesen des Menschen ist nur in der Gemeinschaft, in der Einheit des Menschen mit dem Menschen enthalten — eine Einheit, die sich aber nur auf die Realität des Unterschieds von Ich und Du stützt.

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