Goethes Ästhetik

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E.S. Mittler und Sohn, 1901 - 341 Seiten
 

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Häufige Begriffe und Wortgruppen

Beliebte Passagen

Seite 46 - Es ist ein großer Unterschied, ob der Dichter zum Allgemeinen das Besondere sucht oder im Besonderen das Allgemeine schaut. Aus jener Art entsteht Allegorie, wo das Besondere nur als Beispiel, als Exempel des Allgemeinen gilt; die letztere aber ist eigentlich die Natur der Poesie: sie spricht ein Besonderes aus, ohne ans Allgemeine zu denken oder darauf hinzuweisen. Wer nun dieses Besondere lebendig faßt, erhält zugleich das Allgemeine mit, ohne es gewahr zu werden, oder erst spät" (Maximen und...
Seite 92 - Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten, Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt. Versuch' ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
Seite 218 - Was den Homer betrifft, ist mir wie eine Decke von den Augen gefallen. Die Beschreibungen, die Gleichnisse etc. kommen uns poetisch vor und sind doch unsäglich natürlich, aber freilich mit einer Reinheit und Innigkeit gezeichnet, vor der man erschrickt.
Seite 124 - Vom Vater hab ich die Statur, Des Lebens ernstes Führen, Vom Mütterchen die Frohnatur Und Lust zu fabulieren. Urahnherr war der Schönsten hold, Das spukt so hin und wieder; Urahnfrau liebte Schmuck und Gold, Das zuckt wohl durch die Glieder. Sind nun die Elemente nicht Aus dem Komplex zu trennen, Was ist denn an dem ganzen Wicht Original zu nennen?
Seite 181 - Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben, Bewahret sie! Sie sinkt mit euch, mit euch wird sie sich heben!
Seite 76 - Ich war dazu gelangt, das mir inwohnende dichterische Talent ganz als Natur zu betrachten, um so mehr, als ich darauf gewiesen war, die äußere Natur als den Gegenstand desselben anzusehen. Die Ausübung dieser Dichtergabe konnte zwar durch Veranlassung erregt und bestimmt werden; aber am freudigsten und reichlichsten trat sie unwillkürlich, ja wider Willen hervor.
Seite 59 - Wer sich mit Ernst hier umsieht und Augen hat zu sehen, muß solid werden, er muß einen Begriff von Solidität fassen, der ihm nie so lebendig ward. Der Geist wird zur Tüchtigkeit gestempelt, gelangt zu einem Ernst ohne Trockenheit, zu einem gesetzten Wesen mit Freude. Mir wenigstens ist es, als wenn ich die Dinge dieser Welt nie so richtig geschätzt hätte als hier. Ich freue mich der gesegneten Folgen auf mein ganzes Leben.
Seite 322 - Kunstwerke, daß sie uns in den Zustand der Zeit und der Individuen versetzen, die sie hervorbrachten. Umgeben von antiken Statuen empfindet man sich in einem bewegten Naturleben, man wird die Mannigfaltigkeit der Menschengestaltung gewahr und durchaus auf den Menschen in seinem reinsten Zustande zurückgeführt, wodurch denn der Beschauer selbst lebendig und rein menschlich wird.
Seite 27 - Und die Kunst ist gerade das Widerspiel: sie entspringt aus den Bemühungen des Individuums, sich gegen die zerstörende Kraft des Ganzen zu erhalten.
Seite 180 - Mit den Büchern ist es nicht anders. Liest doch nur Jeder Aus dem Buch sich heraus, und ist er gewaltig, so liest er In das Buch sich hinein, amalgamiert sich das Fremde. Ganz vergebens strebst du daher, durch Schriften des Menschen 25 Schon entschiedenen Hang und seine Neigung zu wenden; Aber bestärken kannst du ihn wohl in seiner Gesinnung, Oder, war er noch neu, in Dieses ihn tauchen und Jenes. Sag...

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