lichen Aufeinanderfolge seiner Schöpfungen. Sie zerfällt gleichfalls in drei Abschnitte, die sich nach dem jeweilig vorwiegenden gemeinsamen Grundton derselben unterscheiden. Die erste Periode ist die des erst werdenden, von fremden Einflüssen noch abhängigen Dramatikers; sie umfaßt etwa die Werke von 1589 bis 1592. Die Jahre von 1593 bis 1601 bezeichnen die Periode des sieghaften Genius; die Werke dieser Schaffenszeit geben dem Humor am meisten Raum und lassen auf eine glückliche Stimmung der Seele des Dichters schließen. Die Jahre von 1602 bis 1612, in denen die Tragödien überwiegen und die Komödien einen bitteren Beigeschmack haben oder von tiefem Ernst durchweht sind, zeigen den Dichter als einen grüblerischen Seelenforscher, dessen Lebensauffassung in der Verneinung wirklichen Glücks gipfelt und dessen Weltanschauung das Gute und Edle zum Märtyrertum bestimmt sieht. Woraus sich dieser Stimmungswechsel in Shaksperes Seele erklärt, ist schwer zu sagen, da wir seine Lebensumstände in jener Zeit kaum kennen. Doch ist aus seinen Sonetten zu entnehmen, daß er zuweilen schwer unter der verachteten gesellschaftlichen Stellung litt, zu der ihn sein Stand als Schauspieler verurteilte, dessen hohe Bedeutung er andererseits (in Hamlet) so nachdrücklich betont hat. Ferner läßt sich aus derselben Quelle entnehmen, daß sein Herz eine tiefe Liebe zu einer uns unbekannten, wahrscheinlich vornehmen Dame empfunden hat, von der ihn die Schranken seines Berufes und die Bande seiner Ehe mit einer ihm geistig unebenbürtigen Frau trennten. Freundschaft von seiten bedeutender Zeitgenossen scheint Shakspere dagegen reichlich genossen zu haben. da der Ruhm ihm nicht den Charakter eines gutherzigen und bescheiden zurückhaltenden Menschen verdarb. Seine echte Sittlichkeit, die stets für Wahrheit und Recht Partei ergriff, ist in seinen Dramen trotz aller gelegentlich darin enthaltenen Derbheiten von allen Unbefangenen immer anerkannt worden. Auch seinem tiefen und reichen Wissen tun in den Augen Einsichtiger seine mannigfachen Verstöße gegen Geographie und Kulturgeschichte fremder Länder und alter Zeiten keinen Eintrag. Seine Bedeutung als größter Dramatiker Englands, ja der Welt, ist ihm selten bestritten worden, mochte gleich Voltaire ihn einen betrunkenen Wilden" nennen, mochte auch Gottschede seiner scheinbar stillosen Naturwahrheit gegenüber die nach pseudo-aristotelischen Gesetzen stilisierte höfische Dramatik der Franzosen der deutschen Dichtkunst als Vorbild empfehlen.. " Den Honigzüngigen", den „Süßen" nannten ihn schon seine Zeitgenossen; als „die Seele des Zeitalters", "den Triumph Britanniens", „den süßen Schwan vom Avon" besang ihn Ben Jonson; als Fancy's Child, Dear Son of Memory und Heir of Fame feierte ihn John Milton. Unter den deutschen Dichtern hat zuerst Lessing seine Größe erkannt; Goethe und Herder haben ihm immer neue Bewunderung gezollt; Schiller hat ihm durch die Bearbeitung des Macbeth, Wieland durch die Übersetzung der Mehrzahl seiner Dramen gehuldigt. Das Verdienst, ihn in der deutschen Literatur eingebürgert zu haben, gebührt Aug. Wilh. v. Schlegel und dem Grafen Baudissin, sowie Tiecks Tochter Dorothea. Neuere Übersetzer haben die Volkstümlichkeit dieser von Tieck herausgegebenen Nachdichtung nicht zu schmälern vermocht. Ihr entstammen die zahllosen Schlagworte, die, dem Englischen glücklich nachgeprägt, heute zum Sprachschatz jedes Gebildeten gehören. Die Zahl der englischen Ausgaben ist kaum absehbar; Alexander Pope (1725), Samuel Johnson (1765), und in neuerer Zeit der Deutsche Delius und die Engländer Halliwell und Furnivall haben solche von Bedeutung veranstaltet. Daß die Wissenschaft über, Shakspere und seine Werke eine ungeheure Literatur geschaffen hat, sei hier nur erwähnt. Für Darsteller ersten Ranges bildeten Shaksperes Gestalten von jeher die beliebtesten und dankbarsten Aufgaben: David Garrick (1741), John Kemble (1801) und seine Schwester Sarah Siddons, Edmund, Kean (1814), Henry Irving (1874) und (jetzt) BeerbohmTree in England, sowie in Deutschland Fr. Ludwig Schröder (1770), Bogumil Davison (1849), Theodor Döring (1845) und (jetzt) Josef Kainz sind Namen der besten Schauspieler. In dieser Schulausgabe wird dem jungen Leser dasjenige Drama Shaksperes dargeboten, welches eines der bedeutendsten und wohl am leichtesten verständlich ist. Wenn es ihn zur Lektüre noch anderer Werke des großen William anregt, so wird es den staunenden Bewunderern dieses gewaltigen Dichtergenies einen mehr hinzuzufügen, der Ben Jonsons Prophezeiung bestätigt: Er lebte nicht für uns, er lebt für immer." Englische Theaterverhältnisse zu Shaksperes Zeit. Das Theaterspiel ist wohl bei allen Kulturvölkern ursprünglich aus dem Gottesdienst hervorgegangen, weil dieser stets Keime dramatischer Handlung ent |