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Nicht Keuschheit, Treu und Freundschaft zu entweih'n?

Die Frage, glaubet mir, ist keine leichte Frage!

In dieser äußersten Gefahr

Stellt seinem Geiste sich ein einzig Mittel dar.
Es ist entsetzlich, auszusprechen,

Allein es sichert vor Verbrechen.

Er geht nicht erst mit Fleisch und Blut zu Rat;
Tief seufzend wendet er die Augen, nicht zu sehen,
Was seine Hand beginnt. Sie ist, sie ist geschehen,
Die heldenmütige, die große, schöne Tat!

Ihr, die ein rascher Schwur verpflichtet,

Die schönste Sünderin begierlos anzusehn,

Seht, welchen Zoll Kombab der Tugend hier entrichtet!
Und müsset ihr euch selbst gestehn,

Dies sei der nächste Weg, dem Satan auszuweichen,

So gehet hin und tut desgleichen!

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Indessen läuft der Sand der Abschiedsstunde ab, Kombab beurlaubt sich. Astartens Tugend spielet In vollem Glanz. Antiochus empfiehlet

Die Dame seinem Freund.

Auf einmal ruft Kombab:

Beinahe hätt' ich was vergessen!

Er fliegt davon und kommt im Augenblick

Mit einem Kästchen im Arme zurück.

Er fällt dem Herrn zu Fuß: Darf sich dein Knecht vermessen,

Noch eine Bitt zu tun? Dies Kästchen, Herr, enthält

Das kostbarste von allem in der Welt,

Was dein Kombab besaß. Um sicher es zu wissen,

Leg' ich es hier zu meines Königs Füßen.

Drück' ihm dein Siegel auf und gönn' ihm einen Platz
In deinem königlichen Schatz.

Dort mög' es, bis ich einst es wieder fordre, liegen!

Der König schwört bei seinem grauen Bart,

Es soll den besten Platz in seinem Schatze kriegen;

Und in Kombabens Gegenwart

Drückt er sein Siegel auf. Mit vielen Tränengüssen
Entreißt Astarte nun sich seinen Abschiedsküssen,
Kehrt zehnmal wieder um, läßt ihr getreues Herz

Nur einmal noch an seinem Herzen schlagen
Und wird zuletzt, halbtot vor Schmerz,

In ihren Palankin getragen.

Nach dreien Monden kam die hohe Karawan'
An Ort und Stelle glücklich an.

Der Bau beginnt und geht so gut vonstatten,
(Dank sei Kombaben, der das ganze Werk regiert)
Daß, eh das zweite Jahr ins dritte sich verliert,
Sie nur den Wetterhahn noch aufzusetzen hatten;

Und gleichwohl schien's ein Werk, von Göttern aufgeführt.
Astarte bleibt, wie zu erachten,

Von unsers Helden Wert nicht lange ungerührt.
Verdienst und Tugend hochzuachten

Ist eine Eigenschaft, die ihresgleichen ziert.

Sein inneres Verdienst entbehrt zwar leicht Verstärkung
Von außen her, allein da man ihn täglich sieht,

So macht (wiewohl sie sich's zu leugnen sich bemüht)
Ihr Auge doch allmählich die Bemerkung,
Kombab, der unvermerkt das Herz ihr abgewann,
Sei nicht der beste nur, sei auch der schönste Mann;
So schön, so tadellos vom Kopf bis auf die Füße,
Daß, hätt' ein Bildner je dies Ideal erreicht,
Er ohne Widerspruch der erste Künstler hieße,
Und jede Göttin ihr verzeihenswürdig deucht,
Die sich von ihm ein wenig lieben ließe.
Und bei so seltnem Reiz ein Herz

So gut, so sanft, so edelmütig!

Sein Witz so leicht, so fein sein Scherz!

Kurz, eines fehlt ihm nur er ist zu ehrerbietig.

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(Doch wie ihr seht, wird dieser Vorwurf ihm

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Durch Blicke nur gemacht.) Man soll in Schranken bleiben: Allein die Schüchternheit so weit wie er zu treiben,

Ist grillenhaft. Ein wenig Ungestüm

Ist eher Reiz an Leuten, die ihm gleichen,
Als Übelstand. Was braucht er auszuweichen,

Wenn ihre Augen sich begegnen? Fürchtet er

Die ihrigen? Die Antwort war nicht schwer:

Er liebt, der arme Mann, und kämpft mit seinen Trieben! Und wenn er liebt, wen kann er lieben

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Wie könnt es anders sein? Er, der sie spät und früh
Zu sehen Anlaß hat, wie wär' er frei geblieben?

Dies klärt sich alles auf. Er hat den Mut noch nicht,
Sich sein Geheimnis zu gestehen,

Und wird das Opfer seiner Pflicht.

Daher der Zwang, sie nur verstohlen anzusehen,

Das Seufzen, das ihm statt des Atmens ist,

Die Schwermut seines Blicks, die Blässe seiner Wangen
Und diese Wolken, die, sobald er sich vergißt,

Um seine schöne Stirne hangen!

Der Irrtum war Astarten zu verzeihn,

Man mußt', um richtiger zu schließen,

Nur in Kombabs Geheimnis sein.

Uns, die wir mehr als sie von seinen Sachen wissen,

Ist alles klar. Allein, der Orden, den er ziert,

Wird billig niemals präsumiert!

Sie wußte übrigens, daß die Semiramissen

(Gleich den Göttinnen) sich, wenn sie ein Schäfer rührt,

Zum ersten Schritt entschließen müssen;

Zum zweiten, dritten oft, wofern der Seladon,

Vor seinem Glück, die Augen zuzuschließen,

Beharrt. In diesem Stück muß eine Göttin schon

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