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Wollten diese dagegen die Erfolglosigkeit ihrer eifris gen Bemühungen weiter hinaus der Bosheit des Satans zur Last schreiben 1), so würden sie hierdurch ihre Stellung nur verschlimmern, indem sie es dann sich beizumessen hätten, wenn rückwärts demjeni gen, von welchem sie das Wollen und Vollbringen zu empfangen so laut behaupten, entweder Unmacht oder unbegreiflicher Unwille Schuld gegeben würde, ein Blasphen, welches, von ihnen hervorgenöthigt, auch von ihnen verantwortet werden müßte. - Bes denkt man endlich, daß in den kirchlich reformirten Ländern noch immer auf gleiche Weise, und durch

die freie Wissenschaft noch viel energischer und reichs licher, die Schöpfung Gottes mit ihren gesegmås ßigen Wundern und ihren ewigen Schönheiten in

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sens

1) Einen dritten Ausweg hat Leo XII. in seinem enzykl schen Schreiben vom 3. Mai 1824 eingeschlagen, indem er ausruft:,,Mais ô jugemens incompréhensibles du Seigneur! Dieu, qui confond la sagesse des sages, semble avoir livré les ennemis de son Eglise (worunter er auch alle Vertheidiger der Toleranz und Gewissensfreiheit begreift) réprouvé et à ce mystère d'iniquité qui était écrit sur le front de la femme impudente etc." Nachdem er hiermit Gott zum Urheber der Verstocktheit der Philosophen u. s. w. gez macht, ruft er mit widrigem Dünkel denselben Gott zur Thätigkeit auf gegen dieses unwesen: „,Que Dieu se lève, qu'il reprime, qu'il confonde, qu'il anéantisse cence effrénée de parler, d'écrire et de publier des écrits!" Man bedenke, wohin es die Staaten, wohin es die Christenheit führen müßte, wenn der Herr dem Aufruf seines angeblichen Stellvertreters auf Erden streng nachkommen wollte? Dann fragen wir aber, welcher jener angeblichen Feinde der katholischen Kirche jemals den Namen Gottes so vergeblich zu führen sich auf ähnliche Weise vergessen oder vermessen habe?

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alle Herzen einspricht; daß auch dort die Bücher der Weltgeschichte vor aller Augen liegen, und zwar nicht nur in ihrer unverkümmerten, sondern selbst immer vollständiger lesbar werdenden, Herrlichkeit, wäh rend die alte Kirche vielmehr die reichsten und schönsten Blätter derselben entweder auszureißen, oder gar, durch aufgestreuten Höllenruß, unlesbar zu machen sucht '); bedenkt man, daß auch in jenen Låndern, und unvergleichlich lauter und reiner, als in den übs rigen, die Stimmen der Geseze, der geselligen Einrichtungen, und der nur auf das Ewige, auf Gesez und Ordnung hinarbeitenden Wissens schaft, sich vernehmen lassen, - dann schwindet vollends die lezte Besorgniß, welche man håtte hegen können. Sieht man dann auch dort, wie in den kas tholischen Ländern, das Gute im Kampfe gegen Schlechtes, die Sittlichkeit gegen Unsittlichkeit, Recht gegen Unrecht, dann wird man nicht die Reformas tion, sondern jezt, wie zu jeder Zeit, den noch nicht wiedergebornen Willen der Einzelnen anklagen, da die Reformation selbst schon långst ein welthistorisches Faktum geworden ist, welches jezt nur noch verstanden, begriffen und vollendet werden soll.

1) Noch am 15. Januar 1827 erließ der Fürstbischof von Basel, Franz Xaver, ein Rundschreiben an die Geistlichkeit, worin er nicht blos gegen die Stunden der Andacht warnt, die von vielen, vom Wahnsinn des Neuern Angesteckten (novandi delirio infectis) gepriesen würden; sondern auch den Dekanen und Kuratpriestern befiehlt, nach Vermögen sich zu bemühen, jegs liche schlechte und verdächtige Bücher dem Besiß und Gez brauch ihrer Angehörigen zu entziehen, und die Gläubigen dahin zu bringen, daß sie nur von legitimer Behörde genehmigte Schriften lesen, f. Frankfurter Ob. Post-Umts-Zeitung vom Jan. 27.

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Achtes Capitel.

Specifisches der römisch-katholischen Kirche.

,,Quod tanto impendio absconditur, etiam solummodo demonstrari, destruere est."

Tertullianus. (Adv. Valent.)

Wir haben diese Betrachtungen vorausgehen las sen, um, durch Hinweisung auf das Wirkliche, die Orientirung in dieser Angelegenheit zu erleichtern. Denn man würde sich sehr trügen, wenn man glauben wollte, die Invektiven gegen die Freiheit in Reli gions-Angelegenheiten gründeten sich vorzüglich auf die irrige Meinung über die eben bezeichneten durchaus objektiven und reellen Verhältnisse 1). Waltete nur ein solches Mißverständniß ob; dann müßte schon långst der Widerstand der katholischen Kirche

1) Nachdem Obiges geschrieben, trafen wir auf folgende Stelle: ,,Das Pabstthum will Einheit, und diese soll sich im Pabste concentriren. Worin denn Einheit? In dem festen ehrfurchtsvol len Glauben an Gott, in der dankbaren Liebe zu Jesu, und in der treuen Befolgung seiner Lehre? In der Hoff nung einer gerechten Vergeltung alles Guten und Bösen in einer bessern Welt? Nur darin sind wir Alle, Katholi ken, Evangelische, Griechen, Arianer, Sozinianer u. s. w. vollkommen einverstanden. Nein! Einheit in der ganz ausserwesentlichen Form 2c." Zu dieser Stelle (aus: 3weifel und Fragen 2. v. Al. Frey, 1823′′) fügt der Katholik (Xtes Heft, S. 104) nur dies hinzu: „Wir können uns nicht einlassen, diese Irrthümer, Läfterungen u. f. w. zu widerlegen."

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gegen das einbringende Licht aufgehört haben; denn alle, über jene Verhältnisse aufgestellten, Behauptun gen können durch Vernunftgründe um so leichter eindringlich und überzeuglich gemacht werden, als das Gefühl ihnen freudig entgegen kommen muß. Die Vernunft ist eine Freundin des Friedens, und stiftet und besiegelt ihn. Ihre Bothin, die Sprache, trågt diese Menschenfreundlichkeit der Herrin in allen ihren Zügen; ein „Ach!“ schon läßt den Schmerz; der Zorn verliert seinen Stachel, wenn er in Worte ausbrechen darf; den Haß versöhnet ein Gespräch, wenn die Gründe wechselseitig entgründet werden können. So ist denn auch nur der Schweigende furchtbar, der Gesprächige dagegen der versöhnlichste, und es ist eine wohlverstandene Klugheit, wenn diejenigen, wels che wissen, daß ihr Ansehen und ihr Bestand auf anderen, als auf der Vernunft irgend wie angehörigen, Grundlagen beruhen, die freie Aeusserung über dieselben auf alle Weise zu verhindern trachten, das her auch dem Pabste das Recht zugestanden worden, in Glaubenssachen Stillschweigen zu gebieten. Eben daher ist man aber auch befugt, von eis nem Untersuchungs- und Besprechungsvers bot rückwärts darauf zu schließen, daß der Gegenstand, in Bezug auf welchen solches Verbot.erlassen, nur untergeordneten Funktionen ihr Daseyn vers danke, deren Erzeugnisse im Lichte der Vernunft, wie Nebelgestalten im Schein der Sonne vergehen. Am Abend steigen die Nebel auf und wachsen in der Nacht und legen sich auf Berg und Thal, und wer wollte ihr Daseyn, die Nothwendigkeit ihres Aufsteigens und die Zweckmäßigkeit ihres Niederlageres bes

streiten; aber wer wird bei dem Aufgang der Sonne fie zurück halten wollen, wer am hellen Tage sie noch 'anderswo zu sehen wünschen, als etwa vergeistigt von Künstlers Hand auf Naturbildern zur Verschleierung zerfallener Ritterburgen und heidnischer und gothischer Tempel Ruinen?

Und dennoch,

was gegen die religiöse Be

freiung so heftig urgirt wird, ist es mehr als solche Nachtgeburt, und geht das Streben derjenigen, welche sie gegen den anbrechenden Tag geltend ma chen wollen, nicht dahin, — nicht blos die stärkeren Schlagschatten, sondern auch die klargewordène Licht, seite wieder in neblige Dämmerung zu hüllen? — Wir sehen vom Bild zur Sache.

Die sich reformirende Kirche erkennt immer bewußter und ausdrücklicher die, zu sich selbst gekommene und immer mächtigerwerdende 1), allgemeine2) Vernunft als höchsten Richter in allen ihren höchsten Angelegenheiten, also auch im Religiösen, an 3);

1) Wie jedes nachfolgende Geschlecht in den einzelnen Wissenschaften die Entdeckungen, wie es in den Gewerben die Erfindungen aller vorhergehenden Generationen utiliter acceptirt, warum soll die religiöse Vernunft nicht auch mächtiger werden durch die schon gewonnenen Erkenntnisse und Offenbarungen ?

2) Als wirklich-allgemein könnte man dasjenige bezeich nen, dessen nothwendige Beziehung auf das absolute Interesse aller Einzelnen sich irgendwie darthun läßt. Wodurch hingegen auch nur ein einziges Ebenbild Gottes seiner Bestimmung schlechthin entzogen wird, dies ist ein Partikulares, und, als solches, ein unvernünftiges. Denn Jeder Einzelne ist nach vernünftiger oder, was dasselbe ist, nach christlicher Ansicht ein un: endliches, und über ihm nur Gott.

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3) Lange nach Ausarbeitung dieser Schrift kam uns zur Hand: Pland's Abriß einer histor. und vergl. Darstellung

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