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Doch sieh' was war am Morgen das Erwachen!
Der König sass da in der Krieger Reih'n,
Da hörte plötzlich man im Lager schrei'n:
Vom Lager zog ein Stück von ungefähr
Sich längs der Niederung des Flusses her;
Ein Eber kam von dort herausgerannt,
Voll Wildheit wie ein brünst'ger Elephant.
Gar Viele liefen nach ihm mit Geschrei,
Auf Viele stürzt' er unversehns herbei;
Verwirrt ganz durch das Rufen und das Schrei'n
Drang in des Königs Lagerplatz er ein.

Da trat heraus vom Zelt der Schahanschah,
Schnell sass er auf Gurgan'schem Rosse da,
Nahm in die Hand den schwarzen Speer beherzt,
Mit dem er manchen Feindes Brust geschwärzt.
Ein Löwe stürzt er auf das Wildschwein her
Und schleudert nach dem Wüthenden den Speer.
Des Schicksals Trug, des Himmels Kreiseslauf
Führt einen Wechsel in dem Spiel herauf;
Der Speer verfehlt das Ziel; auf Schah und Ross
Stürzt mit des Windes Hast der Eber los;
Mit wildem Grunzen greift das Pferd er an
Und reisst den Bauch ihm auf mit spitzem Zahn,
Es stürzen Pferd und Schah zusammen nieder,
Dreh'n sich gleich Mond und Himmel hin und wieder.
Noch liegt der König da, der Weltbezwinger,

Da kommt des Schweines Zahn, der Todesbringer,
Er reisst ihm auf den Leib vom Bauch zur Brust,
Zerrissen wird der Sitz von Groll und Lust;
Das Licht der Liebe hatte ausgeglüht,
Der Feindschaft Feuer hatte ausgesprüht,
Aus waren nun des mächt'gen Königs Tage,

Und seinen Freunden blieb nur trübe Klage.

Als Râmîn Nachricht von Mobad's Tod erhielt, empfand er wohl einige Reue über den Verrath, den er an ihm geübt; er trauerte um ihn eine Woche lang, im Stillen aber dankte er Gott, dass er ihn auf diese Weise ohne Kampf und Blutvergiessen zum Ziele hatte gelangen lassen. Dann brach er auf und zog nach Amul in das Lager Mobad's, wo ihn die Grossen einmüthig als König der Könige ausriefen und er mit reichen Spenden ihre Huldigung vergalt. Er berief zu sich alle Grossen und Gelehrten des Reichs, übertrug Statthalterschaften an die Freunde, die ihn bis dahin unterstützt hatten, und brach dann nach Merw auf, wo er mit Jubel empfangen wurde und in Hochzeits- und Freudenfesten drei Monate verlebte.

So sass nun Wîs mit Râmîn auf dem Throne des Königthums und es trat eine glückliche Zeit ein: auf jeder Strasse.war für Herberge und Speisung der Reisenden gesorgt, und die Welt hatte

Ruhe vor Dieben und Beutelschneidern, vor Kurden und Türken und anderm Gesindel", die Soldaten erhielten jede Woche ihren Sold ausbezahlt und vor Gericht galt kein Unterschied zwischen arm und reich. Hundertunddreissig Jahre lebte Râmîn in der Welt, davon war er dreiundachtzig Jahre König und beglückte die Welt durch seine Gerechtigkeit; bald nährte er die Seele durch Wissen, bald den Leib durch Erquickung, ergötzte sich bald durch Schaugepränge in Chorasan bald durch Jagd im Gebirge, reiste umher in den Ländern und eröffnete Tausende von Brunnen und Kanälen und gründete daran Städte und Dörfer; eine dieser Städte ist Ahwâz, welche auch Râm's Stadt (Râmshehr) genannt wird 1). Zwei Söhne wurden ihm von Wîs geboren, schön wie die Mutter und tapfer wie der Vater; er nannte sie Chorshîd und Gamshîd und gab dem erstern die Länder im Osten Sogd und Châresm und Ćenân, dem andern die Länder im Westen Shâm und Misz und Qairawân; der Wîs aber gehörten Azerbâigân und Arrân und Armenien. So lebten sie in Freude viele Jahre und sahen Söhne der Söhne. Nach dreiundachtzig Jahren neigte die Cypresse das Haupt und krümmte den Rücken, und der Tod kam aus dem Hinterhalt und raffte die Wîs dahin. Râmîn liess ihr eine prachtvolle Todtenstätte mit Feuertempel bauen, wie sie Königen geziemt, dann berief er die Grossen des Reiches, übergab Thron und Krone seinem ältesten Sohne Chorshîd und zog sich in den Feuertempel zurück, wo er noch drei Jahre in Trauer und frommer Beschauung lebte, bis auch ihn eines Morgens Gott abrief 1). Sein Leib wurde zu dem Leibe der Wîs gelegt und sein Geist vereinigte sich wieder im Paradies mit dem ihrigen (S. 399).

Im Himmel knüpften fest den Bund der Treue
Und feierten die Hochzeit sie auf's neue.

1) S. Ritter's Erdkunde Th. IX S. 219 ff.

2) Vgl. Maçoudi, Prairies d'or T. II p. 160.

Bd. XXIII.

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Epigraphisches

auf neuerdings gefundenen Denkmälern.

I. Münzen. II. Nabathäisch-griechische Inschriften. III. Ossuarien.

Von

Prof. Dr. M. A. Levy.

Auch unser Jahrhundert ist nicht arm an hochherzigen Macenaten der Wissenschaft und besonders hat Frankreich so manche aufzuzeigen. Kaum ist der edle Duc de Luynes dahingeschieden, als auch schon ein neuer Beschützer der Alterthumskunde seine Stelle zu ersetzen beflissen ist. Das in der Anmerkung genannte prachtvoll ausgestattete Werk 1) scheint wenigstens sehr deutlich für jene gute Absicht zu sprechen.

In dem Vorworte giebt F. de S(aulcy) nähere Auskunft über das Unternehmen. Der Gründer des neuen Museum's M. Auguste Parent hegt die Absicht zu erleichtern 1) l'étude de l'art dans toutes les transformations qu'il a subies en passant de l'Asie en Europe; 2) celle de la civilisation durant cette même période et jusque dans les détails les plus infimes. Zu diesem Zwecke sind Ausgrabungen und Reisen nicht ohne bedeutende Geldopfer unternommen und Erwerbungen von Kunstgegenständen, deren Herkunft man jedoch genau kennt, gemacht worden. Das auf diese Weise gegründete Museum wird später dem öffentlichen Besuche zu Kunststudien übergeben werden. Inzwischen soll ein Bulletin in unbestimmten Zwischenräumen veröffentlicht und den dafür sich interessirenden Gelehrten unentgeltlich zugeschickt werden. Es mag gewissermassen als ein Repertoir gelten für die interessantesten Erwerbungen, deren schnelles Bekanntwerden wünschenswerth wäre. Glyptik, Keramik, Epigraphik und Numismatik, kurz alle Zweige des archäologischen Studiums werden hier ohne Unterschied behandelt werden.

I.

Der erste Artikel von M. A. Parent, dem Gründer des Museums, beschäftigt sich mit drei unedirten Münzen. 1) Eine Kupfermünze des Tetrarchen von Galiläa und Peräa, Herodes Antipas, vom

1) Bulletin archéologique du Musée Parent. Paris 1867. fol. Mit zwei Tafeln Abbildungen.

=

J. 37 (seiner Regierung 33 n. Chr.) trägt seinen Namen HP240Y TETPAPXOY mit Palme auf der einen Seite, und auf der anderen das Bild des Kaisers Tiberius mit Lorbeerkranz. Auf eine ähnliche Münze hat schon Leake in seinen „Numismata Hellenica" p. 40 aufmerksam gemacht; vgl. auch Madden: history of jewish coinage p. 97. 2) Eine seltene Münze von Ptolemäus, Sohn des Mennäus, Tetrarch von Chalcis.

3) „Moka, ville d'Arabie". Die Münzen, die in dieser Stadt geprägt worden, sind so selten, dass manche Numismatiker an ihrer Existenz gezweifelt haben. Mionnet (V, p. 586) gibt eine Beschreibung von zwei bisher bekannt gewordenen, die jedoch nicht ganz genau ist. Die im Besitze des Herrn Parent ist eine autonome Kupfermünze, nicht unter römischen Kaisern geprägt.,,Belorbertes Haupt Jupiters zur Rechten gewendet auf der einen Seite, auf der andern ΜΟΥΚΑΕΩΝ-ΤΗΣ ΙΕΡΑΣ-ΚΑΙ-ΑΥΤΟΝΟΜΟ[υ], ciste mystique de laquelle s'élance un serpent". Wann die Münze geschlagen worden, ist ungewiss; nur das einzige Merkmal bietet sie, dass der Jupiterkopf eine sehr grosse Aehnlichkeit mit autonomen antiochenischen Münzen hat. Die Stadt Moka (Móza), im peträischen Arabien, wird nur von Ptolemäus (V, 17, 5) erwähnt, als nicht weit entfernt von Petra.

II.

Ein zweiter Artikel von de Saulcy beschäftigt sich mit einer zu Saida (dem alten Sidon) auf einer weissen Marmortafel gefundenen zweisprachigen Inschrift, nabathäisch und griechisch. Sie ist leider zur linken Seite beschädigt und zeigt folgende Form, wenn wir die nabathäischen Zeichen in hebräische umschreiben:

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,,Dies ist das Raba tha, welches (errichtet oder erbaut hat) N. N. der Strategos Sohn N. N.'s dem Gotte Dusares, im 32. Jahre des (Königs) Aretas . . .".

An der richtigen Lesung, wie sie auch de Vogüé bei de Sauley vorgeschlagen hat, kann man keinen Augenblick zweifeln, da die griechische Beischrift durch Zroarnyos uns die Gewissheit giebt, dass NoN dieses Wort wiedergeben soll, während die palmyrenischen Inschriften dies einmal durch NON oder besser durch Diesem ging wahrscheinlich voraus ein Name, der aber durch die Beschädigung des Steins verloren gegan

.(1 wiedergeben אסטרטג

1) S. de Vogüé: Inscriptions sémitiques, P. no. 15 u. 24.

gen ist; darauf folgt,,Sohn", der Vatername fehlt 1). Die Gottheit Dusares Z. 3 habe ich schon auf den Inschriften der SinaiHalbinsel nachgewiesen (s. diese Zeitschr. XIV, S. 464 fg.) und findet sich diese auch sonst auf den nabathäischen Inschriften des Haurân 2). Sie wird in unserer Inschrift aber noch näher bezeichnet durch „," Gott. Schwierig ist aber in erster Zeile das Wort zu erklären. De Saulcy meint, das Wort erinnere einigermassen an die Ka'bah von Mekka, d. i. irgend ein viereckiges Heiligthum. Es ist möglich, dass mit & die marmorne Platte (vgl. das ital. quadro „Bild" von der Form hergenommen) gemeint sei, wie wir in der Mischna Middoth 3, 5819797 ,,viereckige Tafeln von Cedernholz" finden. Herr Prof. Nöldeke macht mich darauf aufmerksam, dass die Hexapl. 2 Kön. 23, 17

רבע vor entweder, von der Wurzel רבעתא

, ozónɛlos durch J, Denkstein (Grabmal) wiedergiebt. Das wäre in unserer Inschrift nicht unpassend, vgl. Gesenius Thes. S. v. p. 1156. Herr Renan, welcher unsere Inschrift (Journ. asiat. 1868, I, p. 538 fg.) kurz bespricht, schlägt als Bedeutung des un objet quelconque, par exemple un naos de forme cubique comme on en voit en Syrie"; oder von der Wurzel il désignerait une zλívŋ ou pulvinar, ou serait simplement synonyme de maison" ou „,temple". Comparez ou o cubile, ovile;

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domus, habitacu

ربع

suntindomibussuis, vieille = هم على ربعاتهم,idem ربعة ;lum

Nach

expression arabe; hébreu 7 cubile; domicilium". unserer Ansicht dürfte man mit der Erklärung von Nöldeke am besten auskommen.

In der vierten Zeile ist nnn sicherlich der Name des Königs Aretas, wie er sich ebenso geschrieben auf den Münzen der nabathäischen Könige findet. Demnach sind die vorangehenden Zeichen

1) Nach dem Griechischen lautet er [Z]wilos, wie de Sauley das Wort ergänzt; daher vielleicht nach den vorhandenen Figuren 17.

2) Die Inschrift no. 9 aus Umm-el-Gemâl bei de Vogüé p. 15 a, a, O.

lese ich:

משגדא די עבר משכן בר ערידא לדו טרא

,,Ein Tempel, welchen machte Moskhu, Sohn Oweida's, für den Dusares". Das erste Wort dieser Inschrift bestätigt vollkommen unsere Vermuthung in dieser Zeitschr. (XXI, S. 268) über N7201 = AŞ, Den Namen Z. 3 möchte ich durch Ergänzung des letzten Zeichens lesen, dieses findet sich auch bei de Vogüé P. no. 124 a.

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